Nadelburgmuseum


Lichtenwörth - Nadelburg



Die Entstehung von Lichtenwörth, damals noch Lutunwerde genannt wird mit aller Wahrscheinlichkeit im 12. Jahrhundert angenommen. Der Ort wurde vor allem Bekannt durch ein frühindustrielles Fabriksareal mit Arbeitersiedlung, genannt Nadelburg. Die Mitte des 18. Jahrhunderts entstandene Arbeitersiedlung gilt heute europaweit als ein einmaliges Ensemble. Damals ein Vorreiter, denn zu dieser Zeit gab es ausschließlich Manufakturbetriebe, das Wort Fabrik existierte in dieser Form noch nicht. Die Nadelburger "k.k.priv. Messing- und Metallwarenfabrik" existierte von 1747 bis 1930 und war einst die größte Fabrik ihrer Art in der Monarchie. Maria Theresia hatte stets ein wachsames Auge auf die Nadelburg und förderte diese massiv, nie zuvor gab es in der österreichischen Monarchie ein so groß angelegtes Fabriksareal. Die Fabrik mit 30 Arbeiterhäusern, einer eigenen Kirche, Gasthof und Schule war von einer Mauer umschlossen und durch drei Tore gesichert, ein begegnen der Arbeitergemeinschaft mit den Dorfbewohnern Lichtenwörths war nicht erwünscht. Eine eigens für die Facharbeiter und deren Familien errichtete Kirche stellt ebenso eine Besonderheit dar. Ab 1747 fertigte man hier erstmals Gegenstände mit Maschinen. Produziert wurden vorwiegend Alltagsgegenstände aus Messing, aber auch Kupferbleche, Drähte, Bronzewaren und dergleichen. Erste Produkte waren Näh-, Strick-, Steck- und Haarnadeln. In der Folge erweiterte man die Produktpalette auf über 800 verschiedene Gegenstände. Bis zur Gründung der Nadelburg mussten sämtliche solcher Fabrikate vorwiegend aus England oder den deutschen Landen importiert werden. Diesen Umstand wollte Maria Theresia durch die Etablierung einer solchen Fabrik ändern. Unter staatlicher Führung schaffte es das Nadelburger Werk jedoch nicht kostendeckend zu arbeiten. Erst nach einem Verkauf der Fabrik an den Industriellen Anton Hainisch erlangte die Nadelburg einen wirtschaftlichen Höhenflug. Anton Hainisch als auch sein Sohn Michael machten die Nadelburg zu einem Imperium. Durch die Weltwirtschaftskrise und den negativen Auswirkungen des verlorenen 1. Weltkrieges wurde die Fabrik 1930 geschlossen.

Im Jahr 1831 wurde die Nadelburg wie folgt beschrieben: "Das Ganze hat überhaupt ein imposantes Ansehen und erregt bei den Fremden die Neugierde es zu besehen, wo auch die ganze Einrichtung dieser großen Fabrik nicht nur den Kunstsinn des gegenwärtigen Herrn Besitzers verrät, sondern auch die Überzeugung gewährt, wie außerordentlich Industrie- und Fabrikszweige auf die höchste Stufe der Kultur in Österreich gebracht worden sind."

Obwohl man den gewichtigen Wert der Industriearchäologie kennt, ließ man seit Schließung der Fabrik im Jahr 1930 allmählich alles verfallen. Restaurierungs- bzw. Wiederaufbauarbeiten werden kaum durchgeführt. So wurden beispielsweise die Reste des Gasthofes trotz Denkmalschutzes 1991 abgerissen und nicht mehr aufgebaut. Auch die Nähnadelfabrik, das markanteste Bauwerk der Nadelburg wurde nicht als solche erhalten. Einzig zwei verbliebene Mauern, in denen eine Wohnanlage errichtet wurde, erinnern an diese einzigartige Fabrik. Vor allem in der Zeit von 1960 bis 2000 wurden viele historische Objekte dem Verfall preisgegeben, eine Sanierung nach denkmalpflegerischen Grundsätzen scheiterte bislang. Leider wurden auch Baubewilligungen inmitten der Arbeitersiedlung für neue Wohnhäuser gestattet, ein Umstand der dem Gesamteindruck nachhaltig schadet. Eine restaurierte Nadelburg, genau wie sie zu ihrer Blütezeit bestand, wäre nicht nur eine große kulturelle Tat, sondern auch ein gewaltiger Anziehungspunkt für die Region.

Die Nadelburg ist in ihrer Entstehungsgeschichte einzigartig und ist heute die einzig noch verbliebene Anlage dieser Art in Europa, ein Areal mit den verschiedenen Fabriken, Herrschaftsbereich und der Arbeitersiedlung. Die Gesamtanlage wurde bereits im Jahr 1986 vom Bundesdenkmalamt unter Schutz gestellt. Auf Lichtenwörther Boden wurde zu Zeiten Maria Theresias Industriegeschichte geschrieben, die Nadelburg gilt als die "Wiege der Industrialisierung" in Österreich und ist somit von unschätzbarem kulturellen Wert.


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